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Demo_8_10_2016.jpg©pekuas

Die Waffen nieder!

08. Okt 2016

pax christi-Bundesvorsitzende Wiltrud Rösch-Metzler spricht auf der Friedensdemo in Berlin

Ihre Rede finden Sie hier im Wortlaut:

 „Wer glaubt, dass kleine Dinge nichts bewirken können, der hat noch nie eine Nacht mit einem Moskito in einem Zelt verbracht.“ (afrikanisches Sprichwort)

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

für den Weltfrieden einzutreten, ist eine wichtige Sache. Es geht um gemeinsames Leben auf unserem Planeten. Deshalb seid ihr hier!  Deshalb sind hier alle Friedensorganisationen in Deutschland verbündet, alle, die eine Gesellschaft mit Zugewanderten und Flüchtlingen wollen, alle, die von der deutschen Politik Abrüstung und Diplomatie verlangen, alle, die Reichtum teilen wollen und alle, die von Milizen und Staaten Waffenruhe und Frieden einfordern. - Krieg darf nicht sein, weil er den betroffenen Menschen und uns als einer Menschheitsfamilie so viel Leid zufügt. - Als Geschwister können wir den Krieg spüren. In unseren Herzen spüren wir den Krieg in Syrien, in der Ukraine, in der Türkei, in Palästina und anderswo. Wieviel Schmerz kann die Menschheit aushalten? -  Es reicht.  - Krieg darf um Gottes und der Menschen Willen nicht sein.

Tun wir, die Friedensorganisationen, die Kirchen, Unternehmen, Gewerkschaften, die Kulturschaffenden und Politikerinnen genug, um Krieg nicht mehr möglich zu machen? 

Die Aufgabe ist erdrückend. Sie verlangt von der Politik Beharrlichkeit beim Einsatz für Abrüstung und Waffenruhe,  auch jetzt wieder in Aleppo. Nach den Erfahrungen der Kriege in Afghanistan und  im Irak, die beiden Ländern keinen Frieden gebracht haben, muss die Bundesregierung  Kriegsbündnissen fern bleiben und darf Milizen und Staaten nicht länger militärisch unterstützen. Seit letztem Jahr steigen die Militärausgaben in Deutschland wieder. Schritt für Schritt soll der Militärhaushalt auf das NATO-Ziel von 2 % des Bruttoinlandsproduktes hingeführt werden. Das wären am Ende nicht wie derzeit 34 Milliarden, sondern 65 Milliarden Euro fürs Militär pro Jahr. Im Vergleich zu nicht mal erreichten 0,7 Prozent für Entwicklung ist das ein Skandal.

Kommen wir zu Kultur und Medien. Journalist/innen wie Künstler/innen  möchte ich sagen: Habt keine Angst. Bleibt kritisch gegenüber Militäreinsätzen, die uns oftmals als schnelle Lösung verkauft werden,  untersucht Zusammenhänge und lasst euch bei eurem Urteil von Menschenrechten und vom Völkerrecht leiten. Krieg und Wahrheit passen nicht zusammen, genau so wenig wie Frieden und eine menschenverachtende Sprache oder Haltung.

Die Verantwortung der Wirtschaft für Frieden wiegt schwer. - Wer Waffen produziert oder Bestandteile, ermöglicht es Kriege zu führen.  Diese Produktion für den Tod verschlingt Ressourcen, Geld, das den Armen der Welt vorenthalten wird.  Schwerter zu Pflugscharen, Panzer zu Traktoren, hier ist Fantasie gefragt, Konversionszentren die diesen Prozess anstoßen.

Die Kirchen müssen ihrem biblischen Auftrag, Frieden zu stiften, nachkommen. So standhaft wie sie sich für Flüchtlinge einsetzen, so standhaft müssen sie sich der neu einsetzenden Aufrüstung widersetzen. - Mit der Lehre vom gerechten Krieg hatte die Kirche lange Zeit Rechtfertigungen für Kriege geliefert. Papst Franziskus hat nun mit einer Konferenz in Rom in diesem Frühjahr ein Zeichen gesetzt für eine kirchliche Lehre der Gewaltfreiheit und des gerechten Frieden. 

Und nun zu uns. Sind wir wie der Moskito im politischen Betrieb? Sind wir genügend laut, mit unseren Alternativkonzepten von ziviler Konfliktlösung? Sind wir darüber in Deutschland im Gespräch mit türkischen, kurdischen, afghanischen, israelischen oder syrischen Friedensfreundinnen und -freunden, die zum Teil hier zur Demo gekommen sind? Wir brauchen mehr Dialog und mehr Zusammenarbeit. Haben wir eine Antwort auf die uns oft gestellte Frage: Was tut die Friedensbewegung, wenn ein Völkermord in Gang ist wie 1994 in Ruanda?  Eine Bombardierung durch einen Staat, der sich selber ermächtigt oder der eine Koalition der Willigen bildet, kann nicht die Lösung sein. Nicht interessengeleitete Nationalstaaten, nur eine gestärkte UNO wird einem solchen Menschheitsverbrechen entgegengetreten können. Wie diese nichtmilitärisch geschehen kann ist eine Herausforderung für Friedensforschung und Friedensbewegung. Koalitionen an der UNO vorbei sind Mittel des Faustrechts.  

Deutschland verdankt sich heute nach den Verbrechen des Holocausts und des 2. Weltkriegs vielen Staaten.  Eine gesamteuropäische Einigung einschließlich Russlands erschien mit dem Ende des Kalten Krieges möglich. Richard von Weizsäcker sagte am 3. Oktober 1990: „Wir stehen vor der klaren Alternative, Europa zu einigen oder gemäß leidvollen historischen Beispielen wieder in nationalistische Gegensätze zurückzufallen." Eine europäische Einigung einschließlich Russlands ist heute nötiger denn je, um Spannungen abzubauen und Frieden zu erhalten. Deutsche Verantwortung ist nun, die EU als Zivilmacht zu gestalten, beispielsweise durch den Ausbau einer zivilen Antiterrororganisation und einer Agentur für Abrüstung, Konversion und zivile Friedensdienste.

Die Antwort auf die Terroranschläge von 9/11 durch die USA hat zu neuen Kriegen, neuem Terror und zu Flüchtlingselend geführt. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, aber wir können denen, die auf Kriege setzen, die Ruhe rauben – wie der Moskito im Zelt.


Erklärung des Vorbereitungskreises der Demonstration vom 4.10.

Krieg schafft auch in Syrien keinen Frieden – Friedensbewegung fordert Waffenstillstand und erneute Verhandlungen

Bundesweite Friedensdemonstration in Berlin am 8. Oktober

Mit Entsetzen und Abscheu verfolgt die Friedensbewegung seit fünf Jahren den Krieg in und gegen Syrien. Hundertausende Tote und Millionen auf der Flucht sind das Ergebnis der kriegerischen Auseinandersetzung, in der sich innere Gewaltkonflikte, äußere Einflüsse, Interventionen, religiöser Fanatismus, Terrorismus und eine Politik des Regime-Change zu einem verheerenden Mix verbinden. Nicht zuletzt trägt das verbale Aufrüsten aller Seiten  zu einer scheinbar unlösbaren Gewaltspirale bei. Es ist gerade diese sich aufschaukelnde Stellvertreter-Dimension des Krieges, die in eine weit über Syrien oder die Region hinausführende Kriegsbedrohung eskalieren kann.

Die Friedensbewegung hat beständig vor dieser Kriegsdynamik gewarnt und betont: Krieg löst auch in Syrien keine Probleme. Es muss ein Zurück zu Verhandlungen und Dialog geben, die in vielleicht zuerst regionale dann aber einen umfassenden Waffenstillstand mündet. Kurzzeitige Waffenpausen können Schritte hin zu einer Waffenruhe sein. Gerade wenn Verhandlungen gescheitert oder unterbrochen sind, sind sie erst Recht wieder notwendig. Weder die Entspannungspolitik der 70er Jahre noch das Ende des Vietnamkrieges wurden in einem Anlauf erreicht. Unterbrechungen, ja Situationen zugespitzter Konfrontation, begleiteten auch diese letztendlich erfolgreichen Prozesse.

Selektive medial hochgepeitschte „Empörung“ sind Teil der Feindbild-Konstruktionen und der herrschenden Doppelmoral. Wir sind prinzipiell gegen die „Logik des Krieges“ und des Militarismus und engagieren uns für die „Logik des Friedens“ überall: in Syrien, im Jemen, im Libyen, in Afghanistan, in Somalia, im Irak. Wir appellieren besonders an die USA und Russland: verhandelt wieder. Wir rufen alle Konfliktparteien auf: lasst die Waffen ruhen. Es wird keinen militärischen Sieger sondern nur Verlierer und weitere zigtausend Tote geben. Die UN muss weiterhin die Rolle einer neutralen Schlichters einnehmen, sie muss zusammenführen und nicht spalten. Wir fordern humanitäre Luftbrücken und Korridore anstelle von Flugverbotszonen.

Einseitige Schuldvorwürfe helfen nichts. Jeder der Beteiligten kann mit einem Finger auf den oder die anderen zeigen, drei Finger zeigen auf ihn selbst. Eigene geostrategische Interessen von Pipelines bis Militärstützpunkten sind nicht friedensfördernd. Besonders an die USA und NATO gerichtet gilt: Wer im Glashaus des verlorenen „Krieges gegen den Terror“ sitzt, der so viel Chaos, Elend und Zerstörung gerade über die Region des Nahen und Mittleren Ostens gebracht hat, soll nicht mit den Steinen einer moralischen Empörung werfen. –Auch  Russland führt Krieg in Syrien – aus eigenen Interessen und zur Unterstützung der syrischen Regierung. Russland muss auf allen Ebenen in den Friedensprozess eingebunden werden. Für diesen wie für alle Kriege gilt die Aussage der großen Pazifistin Bertha von Suttner  „Die Waffen nieder!“

Verantwortung für die Kriege in der Region trägt auch die Bundesregierung : Es sind auch deutsche Waffen mit denen der Krieg geführt, die islamistischen Terroristen ausgestattet und finanziert werden. Deutsche Waffen morden wieder mit – auf beiden Seiten. Ein Ende jeglichen Waffenexports in alle Krisengebiete ist eine unabdingbare Notwendigkeit ziviler Konfliktlösungsstrategien.

Ohne Druck der Friedensbewegungen wird es keinen Friedensprozess geben!

Deswegen rufen der Bundesausschuss Friedensratschlag, die Kooperation für den Frieden und die Berliner Friedenskoordination zur Teilnahme an der bundesweiten Friedensdemonstration am 8. Oktober in Berlin auf: „Die Waffen nieder!“

Mehr unter: www.friedensdemo.org

 

Veranstalter zufrieden mit Demonstration „Die Waffen nieder!“

Forderungen an die Politik: Rüstungsausgaben zurückfahren, keine Auslandseinsätze der Bundeswehr, zivile Konfliktlösungen voranbringen

Nach Abschluss der erfolgreich und friedlich verlaufenden von 8.000 Menschen bundesweit besuchten Friedensdemonstration „Die Waffen nieder!“am 8. Oktober durch die Mitte Berlins wenden sich die Veranstalterinnen und Veranstalter an die Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag. Sie tragen ihnen drei zentrale Forderungen vor, die sie aus den Beiträgen auf der Demonstration resümieren:

Rüstung kürzen

Die bislang vorliegenden Pläne für die Verteidigungsausgaben des kommenden Haushaltjahres summieren sich auf die enorme Summe von 40 Milliarden Euro. Das würde einen Anteil von 1,2% am BIP bedeuten. Das von der NATO vorgegebene und für die Zukunft anvisierte Ziel liegt sogar bei 2%. Die Friedensbewegung fordert: Statt die Bundeswehr für weltweite Einsätze aufzurüsten muss es eine drastische Reduzierung der Verteidigungsausgaben und eine Umverteilung auf soziale und ökologische Belange geben.

Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr

Deutschland ist direkt oder durch logistische Hilfestellungen an vielen aktuellen Kriegsschauplätzen beteiligt. Dazu gehören z.B. Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Jemen, Mali und der Krieg in der Ukraine. Diese Kriegseinsätze bringen Tod und Verderben über die Menschen, sie lösen nicht Konflikte sondern vertiefen sie. Die Friedensbewegung fordert das Ende der Beteiligung der Bundeswehr an allen Kriegseinsätzen und den sofortigen Stopp deutscher Waffenexporte die Konflikte anheizen.

Zivile Konfliktlösungen fördern

Die Friedensbewegung erkennt, Krieg schafft keinen Frieden. Er tötet und traumatisiert die Menschen, destabilisiert ganze Regionen und globalisiert Konflikte. Die Friedensbewegung fordert von der Politik, die Logik des Krieges zu durchbrechen und sich der Logik des Friedens zu öffnen. Eine dual verzahnte Strategie von militärisch und zivil lehnt die Friedensbewegung ab. Stattdessen müssen die Strukturen friedlicher ziviler Konfliktlösung materiell viel besser ausgestattet werden. Über Dialog führt der Weg zu weltweiter Abrüstung und einem auf Ausgleich basierendem System gemeinsamer internationaler Sicherheit.

Die Friedensbewegung stellt sich der Diskussion dieser Forderungen. Sie wird sich tatkräftig in ihren Gruppen, Organisationen und Initiativen dafür engagieren, sie immer wieder öffentlich vorzutragen. Der 8. Oktober war ein Anfang.

Die Veranstalter der Demonstration „Die Waffen nieder!“ vom 8. Oktober 2016

Berlin, den 9. Oktober 2016

www.friedensdemo.org